Die Brücke von Andau liegt im südöstlichen Burgenland, nahe der Marktgemeinde Andau im Bezirk Neusiedl am See. Sie überspannt den Einserkanal, der an dieser Stelle die Grenze zwischen Österreich und Ungarn bildet. Das Bauwerk befindet sich im weiten, flachen Landschaftsraum des Seewinkels, der von Salzlacken, Schilfgürteln und Agrarflächen geprägt ist. Hier treffen die offene Ebene des Pannonischen Beckens und der geschützte Naturraum des Hanság-Gebiets aufeinander.
Während des Ungarischen Volksaufstands von 1956 wurde die Brücke zu einem Symbol menschlichen Mutes. In den Wochen nach der Niederschlagung des Aufstands flohen über 180.000 Menschen aus Ungarn nach Westen, mehr als 70.000 davon über diesen Übergang bei Andau. Die schmale Holzbrücke über den Grenzkanal wurde zur Lebenslinie für jene, die Schutz vor politischer Verfolgung suchten. Nach dem Ende des Aufstands zerstörten ungarische Truppen den Übergang, um weitere Fluchten zu verhindern.
Die heutige Fußgängerbrücke entstand in den 1990er-Jahren als bewusster Nachbau des historischen Übergangs. Zwei schmale Holzträger mit einfachen Geländern überspannen den Kanal, eingebettet in die offene Landschaft. Die zurückhaltende Architektur verweist auf die improvisierte Fluchthilfe jener Zeit und auf die Solidarität der österreichischen Bevölkerung, die den Flüchtenden Aufnahme gewährte. Die Brücke bildet seither einen Ort der Erinnerung und der stillen Mahnung.
Entlang des Weges informieren Tafeln über die Ereignisse des Jahres 1956 und deren historische Hintergründe. Weltweite Aufmerksamkeit erhielt der Ort durch das Buch The Bridge at Andau von James A. Michener, das den Fluchtweg literarisch festhielt. Heute ist die Brücke Teil eines grenzüberschreitenden Rad- und Wanderwegs und zugleich ein bedeutendes Mahnmal europäischer Zeitgeschichte. Die Ruhe der Landschaft kontrastiert eindrucksvoll mit der Tragweite der hier erinnerten Geschehnisse.
